Momentan läuft in der Bundesliga alles schief, was schief laufen kann. Der „beste Saisonstart seit über 40 Jahren“ war offenbar wie Gift für uns. Die tolle Ausgangsposition haben wir mit wehenden Fahnen gnadenlos verbraten. Weg ist sie, fliegt davon und hat uns verlassen. Selbst der VfB Stuttgart stand mal zehn Punkte hinter uns, jetzt herrscht Punktgleichheit. Das nervt nur noch
Wer hat denn jetzt Schuld daran, dass es zurzeit so „beschissen“ ist, wie Benedikt Höwedes sagte? Ist es die Mannschaft, der Trainer, der pfeifende Fan? Ich frage da schon bewusst auch nach dem Fan. Der wird ja neuerdings auch zum Sündenbock gemacht und hat Lars Unnerstall aus dem Tor gemobbt. Für mich ist die Situation etwas anders. Da hat man (endlich) selbst erkannt, dass er leider nicht soweit ist, nutzt aber den zweifellos vorhandenen Druck auf Lars aus, um seine eigene Blindheit, Sturheit oder was es auch sein mag, verstecken zu können. Ja ja, öffentlicher Druck. Lars Unnerstall hat zwar ein paar Fehler gemacht, aber nicht, weil er nervös war oder der Druck zu groß wurde. Die Fehler kamen, weil er schlichtweg noch nicht die Klasse eines guten und stabilen Bundesligatorwarts hat. Hast du dagegen aber einen Timo Hildebrand, dann muss der einfach spielen und tut es jetzt auch endlich.
Den Arsch hochkriegen
Für mich ist unstrittig, dass man sagt: Vertragssituationen haben etwas mit Leistungsabfall zu tun. Wenn ein Spieler um einen neuen Kontrakt spielt, sei es als Empfehlung für seinen aktuellen Verein oder für einen neuen Klub, dann gibt der doch Gas? Oder nicht? Für mich steht und fällt sportlich alles im Zusammenspiel zwischen Trainer und Mannschaft. Und da drückt der Schuh. Die taktische Ausrichtung von Huub scheint zu schematisch zu sein, die Gegner nutzen unsere Schwachstellen kompromisslos aus. Wie steuern wir dagegen? Erkennbar ist da leider herzlich wenig.
Mir klingen die Worte unseres „Jahrhunderttrainer“ noch immer in den Ohren. Man muss bei einem Spiel „auf sich selbst schauen“, es sei „nicht so wichtig“, was der Gegner macht. Tja, der Gegner macht aber eine ganze Menge und nimmt uns auseinander. Um noch mal zur taktischen Ausrichtung zurückzukommen. Es ist doch seltsam, dass uns Mannschaften so schlecht aussehen lassen, die die nominell schlechteren sein sollen. Was ebenfalls erschreckt, ist, dass es keinen Einfluss von außen gibt. In Leverkusen gibt es eine grottige erste Halbzeit. Im zweiten Durchgang startet die gleiche Elf und geändert hat sich gar nichts. Das ging genauso weiter. Die Gegner stehen kompakt und bei uns ist wenig Veränderung zu sehen. Hilflos rennen wir ins Verderben und wissen offenbar selbst nicht, was mit uns passiert.
Trainer ist nicht alleine schuld
Es ist natürlich einfach jetzt „Stevens raus!“ zu sagen, schreiben oder sich sonst irgendwie Gehör zu verschaffen. Auch ich denke, dass seine Zeit auf dem Berger Feld nicht über 2013 hinausgehen wird. Der Vertrag wird nicht verlängert, meiner Meinung nach. Das bedeutet aber nicht, dass man Huub jetzt rausschmeißen sollte. Man kann auch andere Lösungen finden, die weniger der Selbstzerfleischung auf Schalke Tor und Tür öffnen. Dazu gleich mehr.
Horst Heldt macht das schon richtig. Er stellt sich nicht komplett hinter den Trainer und findet seichte Worte. „Wir müssen sehen, dass wir das letzte Bundesliga-Spiel gewinnen und im Pokal weiterkommen. Dann gucken wir, wo wir stehen, und werden die Arbeit der Mannschaft bewerten“, sagte Hotte nach dem Kick in Stuttgart. Unser Manager versucht auch in der Öffentlichkeit, besonders wenn es um thematische Dinge einer bestimmten Personalie geht, Ruhe zu bewahren. Ohne polemisch der eintretenden Dynamik Oberwasser geben zu wollen. Sonst hätte er, angesprochen auf die T-Frage, auch anders reagieren können. In der Winterpause werden Entscheidungen getroffen und das ist bitter nötig.
Es macht jetzt keinen Sinn rauszugehen und öffentlich auf Stevens einzuprügeln und zu rufen, dass er entlassen werden soll. Man muss einfach mehr miteinander reden und versuchen an einem Strang zu ziehen. Da ist auch das Team gefordert! Probleme mit dem Trainer sind keine Entschuldigung für schlechte Leistungen oder das Nicht-Abrufen seines Könnens. Natürlich mache auch ich mir Gedanken, was auf Schalke vor Rückrundenstart noch alles passieren kann.
Klare Verhältnisse müssen her
Was wird aus Holtby und Huntelaar (Foto: firo)?
Ich habe bereits in der Vergangenheit darüber philosophiert und mir Gedanken gemacht, wie jeder von euch bestimmt auch. Was machen wir in der Trainerfrage? Man steckt in diesem Dilemma, dass man Huub einen guten Abschied geben möchte, muss auf der anderen Seite aber auch schauen, dass die Ungewissheit verschwindet. Der sportliche Erfolg darf nicht gefährdet werden. Stellt euch mal vor: Lewis Holtby und Klaas-Jan Huntelaar verkünden den Abschied zum Saisonende und wir schaffen es nicht, die Champions-League-Qualifikation zu erreichen. Wo sollen wir dann bitte die Kohle hernehmen, um in den Kader zu investieren und diese Abgänge zu kompensieren? Klar, die beiden spielen im Moment unter ihren Möglichkeiten, aber das ist normal. Jeder gute Spieler hat mal schlechte Phasen. Trotzdem, die beiden ablösefrei zu verlieren und kaum Geld für adäquaten Ersatz zu haben, wäre ein Horrorszenario.
Da es nun mal leider all diese Schwierigkeiten gibt, müssen Lösungen her. Und daran arbeitet man bei uns sicherlich mit Hochdruck. Keinem auf Schalke gefällt die momentan „beschissene“ Situation. Für mich persönlich gibt es augenblicklich nur eine Lösung, mit der alle Beteiligten gut leben könnten. Man klärt die Personalie Huub, indem man ihm und der Mannschaft mitteilt, dass bis zum Saisonende zusammengearbeitet wird. Alle sind Profis genug auf vernünftiger Ebene an einem Strang zu ziehen. Die Spieler, wie ein Holtby oder Huntelaar, haben Klarheit und wissen, wie es weitergeht – unabhängig davon, wie sie sich letztendlich entscheiden mögen. Horst Heldt hat dann Ruhe im Laden und genügend Zeit sich um einen neuen Trainer zu kümmern, der Schalke 04 auf lange Sicht betreuen kann – so wie es damals mit Ralf Rangnick der eigentliche Plan war.